Was sind uns die Lebensgrundlagen wert? Film „Bauer unser“ zeigt Gefahren für unsere Existenzsichernden Landwirte auf

Kronach – Was ist wichtig für unser Leben? Da fällt jedem eine Menge ein. Auf was könnten wir wirklich verzichten? Was ist echte Lebensgrundlage. Stellen wir uns vor, es gibt keine Landwirtschaft mehr. Wir alle vergessen viel zu sehr, wie existentiell wichtig das Tun unserer Bauern für unser Leben ist.
Das Kino 3 der Kronacher Filmburg war fast bis auf den allerletzten Platz gefüllt, als der Film „Bauer unser“ gezeigtt wurde. „Unser täglich Brot gib uns heute“ heißt es im „Vater unser“. Ohne „unsere Bauern“ gibt es kein Brot. Da ist es gleichgültig, ob es sich um herkömmlich oder biologisch produzierende Landwirte handelt. Erfrischend positiv, dass der Film von Regisseur Robert Schabus dies ohne den allzu häufigen Gegensatz in der ganzen Dramatik aufzeigte, die uns alle betrifft.
„Bauer unser“ ist ein österreichischer Dokumentarfilm, der verschiedene Mechanismen einer zunehmend industrialisierten Landwirtschaft im heutigen Europa thematisiert. Anhand von Porträts mehrerer bäuerlicher Betriebe und durch Interviews mit Agrarpolitikern und Vertretern aus Handel und Verarbeitung wirft der Film einen kritischen Blick auf den damit einhergehenden Strukturwandel. Der Film greift das Spannungsfeld der Landwirtschaft in einer globalisierten Welt zwischen Profitabilität, Nachhaltigkeit, Konsumenten und Selbstsicht der Bauern auf.
„Bauer unser“ positioniert sich kritisch gegenüber einem freien Markt für Lebensmittel, der aus Sicht des Films durch einen marktwirtschaftlich orientierten Kurs der EU-Agrarpolitik der europäischen Landwirtschaft überwiegend Nachteile beschert. Der Film geht außerdem davon aus, dass die Einkommen der Landwirte sinken, was die EU-Politik mit einem Mehr an Export und Freihandel auszugleichen versucht.
Eigentlich wurde die Europäische Union gegründet, um innerhalb der Union genügend Lebensmittel für die Bevölkerung zu akzeptablen Preisen für Konsumenten und Landwirte zu bekommen. Doch jetzt herrscht ein „immer mehr“ von auf dem Weltmark konkurrenzfähigen Lebensmitteln. EU-Repräsentanten schließen Abkommen bis nach Vietnam und Japan, um heimische Lebensmittel zu verkaufen.
Ungefähr die Hälfte der bayerischen Milch wird in Genossenschaften verarbeitet, erklärte Klaus Siegelin, stellvertretender Kreisobmann des Bauernverbands. In Oberfranken sei es weitaus mehr, hier gebe es genossenschaftliche Molkereien in Bayreuth und Coburg, dazu die private in Scheßlitz. „Ich fand den Film gut gemacht“, lobte Siegelin. Ihm gefiel, dass es hier nicht darum ging, biologisch und herkömmlich produzierende Landwirte in Gegensatz zu bringen. Es gebe für jeden den Weg, egal ob als Groß- oder Kleinproduzent. Wenn jemand viel Fläche mit relativ wenig Arbeitskräften bewirtschaften kann sei er eher stolz auf so eine Leistung.
20 Jahre wurde uns gepredigt: wachsen oder weichen, meinte Biobauer Anton Prechtl. Aber vor allem die Schulden wachsen und so sehe er für die Zukunft ein „wachsen und weichen“. Höfe wachsen bis sie total überschuldet sind. „So wie jetzt wird die Landwirtschaft mit Sicherheit nicht überleben.“ Der Preisdruck wird immer bleiben. Beispielsweise werde die Elbe vertieft damit das größte Kraftfutterwerk Europas entstehen kann. „Helfen können sich die Bauern nur selber“, appellierte er Landwirt.
Erheblichen Handlungsbedarf sieht er bei der Ausgestaltung der Flächenprämie, die unbedingt verändert oder abgeschafft werden müsse. Derjenige müsse einfach mehr bekommen wenn er etwas für die Umwelt tut. Einem Betrieb, der eine riesige Fläche anbaut, mit Glyphosat darüber fährt und keine Fruchtfolge betreibt gehöre die Flächenprämie gestrichen.
Unsere Landwirtschaft werde nie am Weltmarkt konkurrenzfähig sein, ist sich Anton Prechtl sicher, etwa wenn er nach Amerika blickt. Dort herrschten in den ehemaligen Prärien meilenweit gleiche Bedingungen. Wenn es dann heiße die heimische Landwirtschaft müsse sich dem Weltmarkt anpassen und wachsen könne er nur feststellen, dass es immer noch viel größere Erzeuger gebe, die zudem keine solchen Standards wie wir haben. Unsere Landwirte werden nie mit denen preismäßig mithalten können. Beispielsweise gebe es Rinderfarmen, bei denen 150 000 Tiere gemästet werden. Umweltzerstörung spielt dort keine Rolle. „Wie sollen wir gegen die konkurrieren?“
Viele Menschen wollen so wenig Geld wie möglich von ihrem Verdienst für Lebensmittel ausgeben. Allzu oft werde dabei nicht darauf geachtet dass die Umwelt dabei zerstört wird, auch wenn dies vielleicht in fernen Ländern geschieht. „Wir brauchen unbedingt eine andere Ausbildung und eine andere Denkweise in der Landwirtschaft“, forderte Anton Prechtl. Die Fördermittel müssten in überlebensfähige Strukturen investiert werden. Es könnte wieder mehr Heu statt Soja verfüttert werden. Dies würde vielleicht etwas weniger Ertrag zu Folge haben, was oft auch weniger Überschuss bedeuten würde.
Ein Film „Das Geschäft mit Europas Boden, die neuen Großgrundbesitzer“ weise auf ein weiteres Problem hin. Hier müsse der Gesetzgeber handeln. Großkonzerne kaufen immer mehr Grund und Boden auf, wies Edith Memmel auf ein weiteres Problem hin. Junge Landwirte haben so immer seltener die Chance, bei den Pacht- und Kaufpreisen mitzuhalten. „Land Grabbing“ ist das schöne neue Wort hierfür. Der Boden, der eigentlich der Landwirtschaft zur Verfügung stehen sollte, wird zum Spekulationsobjekt.
Der neue Präsident der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft habe sich kürzlich stolz damit vorgestellt, in Sachsen-Anhalt 1260 Hektar mit drei bis vier Personen zu bewirtschaften. Dies werde als Leuchtturmprojekt vorgestellt, könne aber nicht die Zukunft sein.
Bei Veränderungen bei den Flächenprämien erklärte sich der stellvertretende Kreisobmann des Bauernverbands Klaus Siegelin nahe bei der Meinung von Biobauer Anton Prechtl.
Dr. Peter Witton zeigte sich entsetzt, dass wir ein „Land Grabbing“ durch den Sojaimport unterstützen. Dies ist indiskutabel. Dies führe auch zu Fluchtursachen.
Das Bild zeigt, von links: Bund-Naturschutz-Vorsitzende Elisabeth Hofmann, Grünen-Kreisvorsitzende Edith Memmel, Biolandwirt Hermann Schaefer aus Schwärzdorf und den stellvertretenden Kreisobmann des Bauernverbands Klaus Siegelin.
Text und Fotos: Rainer Glissnik