Schuh-Sport Stumpf in Wallenfels - ein Traditionsgeschäft schließt für immer

In einem Kellerraum des Elternhauses in der Spitalstraße fing im Jahr 1953 alles an.

Wallenfels. Als damals 20-Jähriger wagte der frisch gebackene Schustergeselle Reinhold Stumpf den Schritt in die Selbständigkeit. Nach seinen Lehrjahren in der Schuhmacherwerkstatt von Richard Weiß, dem „Schusters-Richard“, baute er sich ein weithin bekanntes Schuhfachgeschäft auf. Angelehnt an den Hausnamen der Stumpf hörte man immer auf die Frage, wo man denn die schönen Schuhe gekauft habe, die Antwort: „No beim Schuh-Hous“. Im Jahr 1995 übernahm Sohn Dieter, selbst gelernter Orthopädieschuhmacher, das Unternehmen. Aus Altersgründen schließt nun diese über die Grenzen von Wallenfels hinaus bekannte Institution.

 Das Handwerk des Schuhmachers gibt es wohl schon seit es Schuhe gibt. Mitte des letzten Jahrhunderts ernährten sich allein in Wallenfels drei Familien von diesem Gewerbe. Der Kauf von Schuhen war früher etwas nicht Alltägliches. Sie wurden für besondere Anlässe oder Zwecke angeschafft und stets gepflegt. Wenn doch mal etwas kaputt ging, brachte man die Schuhe zum Schuhmacher um die Ecke. So kam es, dass die Reparaturwerkstatt ein wichtiger Teil im Schuhhaus Stumpf wurde. Der Umzug vom Elternhaus in größere Räumlichkeiten in der Hauptstraße war im Jahr 1954 der nächste Schritt in der Entwicklung. Viele Ältere werden sich noch an den kleinen Schaukasten mit neuen Schuhmodellen am Straßenrand erinnern. Die Verlagerung an den heutigen Standort in der Jakob-Degen-Straße erfolgte 1970. Hier konnte Reinhold Stumpf mit seiner Frau Greti erstmals auch die Kunden in einem modernen Fachgeschäft begrüßen. Neben der einheimischen Käuferschar aus Wallenfels und Umgebung zählten viele Frankenwaldurlauber aus Berlin und anderen Regionen Deutschlands zur Kundschaft. Dankbar zeigten sich über die Jahre vor allem Menschen mit Problemfüßen. Ihnen konnte mit orthopädischen Schuhzurichtungen geholfen werden. Es gab so viele Reparaturaufträge, dass der heutige Inhaber und sein inzwischen verstorbener Zwillingsbruder Gerhard mit dem Fahrrad sogar einen gerne genutzten Hol- und Bringservice einrichteten. Dieter entschloss sich, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Er absolvierte in Bamberg die Ausbildung zum Orthopädieschuhmacher und sammelte weitere Erfahrung in einem Würzburger Orthopädiefachgeschäft. Ein wichtiger Meilenstein war nach dem Generationenwechsel der Erweiterungsbau im Jahr 1997, der im Bereich Warenpräsentation, Verkauf und Lagerlogistik neue Möglichkeiten bot. Die bewährte Philosophie mit guter Beratung, qualitativ hochwertigen Schuhen und einem dennoch günstigen Preisgefüge wurde erfolgreich fortgeführt. Dieter Stumpf erweiterte zudem das Angebot um Sportkleidung und -schuhe. Viele Vereine aus der Region, aber auch zahlreiche Sportler zählten zu den zufriedenen Kunden. Aus dem früheren Schuhhaus Stumpf wurde nun Schuh-Sport Stumpf, gleichblieb aber die kompetente Beratung. Großen Anteil hatte hieran Beate Völker, die als gelernte Schuhfachverkäuferin die Füße der Kundschaft und deren individuellen Bedürfnisse besser kannte, wie jeder andere. Eine große Lücke hinterließ Seniorchef Reinhold Stumpf, der im Jahr 2009 nach langer Krankheit verstarb. Sowohl für den Firmengründer als auch für Dieter Stumpf war der größte Lohn für das eigene Handeln die Zufriedenheit und die jahrzehntelange Treue der Kunden. Da gehörte es auch schon mal dazu, dass man am Sonntagmorgen dem Landwirt aus der Not half und schnell noch den Lederriemen für das Pferdegeschirr nähte oder dem Fußballer kurz vor Anpfiff noch die fehlenden Schraubstollen ersetzte. Das alles gehört nun der Vergangenheit an. Die Kunden nutzten die zurückliegenden Herbstwochen nochmals für letzte Einkäufe. Der 67-jährige Ladeninhaber beendet seine berufliche Laufbahn mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ersteres weil es noch etwas anderes gibt, wie jeden Tag im Laden und der Werkstatt zu stehen. Zudem sei es in den letzten zehn Jahren durch den Internethandel immer schwerer geworden, Kunden für den Kauf im Fachgeschäft vor Ort zu begeistern. Das weinende Auge, das Dieter Stumpf beschreibt, gehört aber den vielen Menschen, die mit ihren Wünschen und Anliegen ins Geschäft kamen, auch wenn es dann manchmal nur ein kurzer Plausch war. Diese Begegnungen werden mir fehlen, so der künftige Ruheständler. Auch seiner Mitarbeiterin Beate fällt der Abschied schwer. Für sie beginnt nach einer Umschulung ein neuer beruflicher Lebensabschnitt in der Altenpflege. Beiden werden aber die vielen schönen Gespräche beim Abschied von den Kunden in Erinnerung behalten.

 

Nette Worte zum Abschied

Der Brief einer Familie, die seit Generationen zu den Kunden zählte, brachte besonders schön zum Ausdruck, was der „Schuh-Hous“ für eine Bedeutung im Oberen Rodachtal hatte. Auszugsweise darf hieraus zitiert werden: „Vielen Dank für bestimmt hundert neue Absätze, etliche reparierte Fußballschuhe, geflickte Nähte, neue Henkel und Schnürsenkel, ausgebesserte Taschen, erneuerte Sohlen und vor allem die vielen mit Geduld und Humor erledigten Spezialaufträge unserer Oma. Unzählige Paar Schuhe, Schlappen, Winterstiefel, Turndappen, Wanderschuhe, Pumps, Sandalen, Fußballschuhe, Kinderstiefela, Socken und Strümpf haben wir bei euch – nicht einfach so gekauft – nein, Schuhe kaufen beim „Hous“ war ein Erlebnis.“

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Beim Stadtjubiläum im Jahr 1998 zeigte Seniorchef Reinhold Stumpf sein Handwerkskönnen den vielen Besuchern. (Foto: privat)

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Das Schuhfachgeschäft von Dieter Stumpf und seiner Mitarbeiterin Beate Völker schloss zum Monatsende für immer seine Pforten. (Foto: Jürgen Schlee)

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(Foto: Jürgen Schlee)

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Täglich stand Dieter Stumpf in seiner Werkstatt, um Kundenschuhe und viele andere Gegenstände zu reparieren. So mussten eingerissene Schulranzen genäht, LKW-Planen versiegelt oder auch Gummistiefel abgedichtet werden. Ledergürtel zu kürzen oder manchmal auch zu verlängern, waren dabei noch eher einfache Aufträge. (Foto: Jürgen Schlee)

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Eine Repassiermaschine aus den 60er Jahren, mit der Seniorchefin Greti Stumpf die Laufmaschen von Perlonstrümpfen reparieren konnte. (Foto: Jürgen Schlee)